Gastrointestinale Stromatumoren (kurz GIST) sind sehr seltene Weichteiltumoren (Sarkome), die im Magen-Darm-Trakt entstehen. In Deutschland erkranken pro Jahr ein bis zwei von 100.000 Menschen, die meisten sind bei Diagnosestellung 60 Jahre alt oder älter. Prof. Dr. med. Sebastian Bauer, Leiter des Sarkomzentrums am Westdeutschen Tumorzentrum der Universitätsklinik Essen, der auch im Vorstand der Deutschen Sarkom-Stiftung ist, erklärt, was die Herausforderungen bei der Behandlung von GIST in späten Stadien sind.
Prof. Dr. med. Sebastian Bauer
Leiter des Sarkomzentrums am Westdeutschen
Tumorzentrum der Universitätsklinik Essen und Vorstandsmitglied der Deutschen Sarkom-Stiftung
Was sind die besonderen Herausforderungen bei GIST im Verlauf der Erkrankung?
Die Therapien wirken bei vielen Patienten nur eine gewisse Zeit. Es stellen sich Resistenzen ein und man muss die Therapie wechseln. Spätere Therapielinien sind oft weniger gut verträglich und wirken kürzer als die Erstlinientherapie. Insgesamt haben wir derzeit vier zugelassene Therapien zur Verfügung.
Eine weitere Schwierigkeit ist die flächendeckende Versorgung betroffener Patienten. Es gibt nicht sehr viele Ärzte in Deutschland, die auf GIST spezialisiert sind. In den erfahrenen Zentren können die einzelnen Therapiesequenzen oft deutlich länger ausgereizt werden – mit Konsequenzen für Lebensqualität und -Dauer der Patienten.
Wie sieht die Prognose derzeit aus und hat sich diese in den vergangenen Jahren geändert?
Als ich 1999 mein Examen machte, gab es noch keine Therapien für diese Erkrankung, Patienten mit GIST sind in dieser Zeit meist innerhalb weniger Jahre verstorben. Das ist heute anders, wir haben wirksame Medikamente, mit denen ein Teil der Patienten, etwa 10 Prozent, sogar eine nahezu normale Lebenserwartung hat. Jede weitere Therapielinie dient dazu, die Lebenserwartung zu verlängern.
Wie äußert sich GIST bei den Betroffenen insbesondere in späten Stadien?
Chemotherapie spielt bei GIST keine Rolle, es werden ausschließlich zielgerichtete Therapien angewendet. Die erste Therapie, das Imatinib, ist die derzeit wichtigste, da dieses Medikament das am besten verträgliche ist. Sobald Patienten auf Imatinib nicht mehr ansprechen, muss man auf eine andere Therapielinie umsteigen. Die Zweit- und Drittlinien-Therapien sind im Mittel deutlich kürzer wirksam, bevor sich Resistenzen bilden. An dieser Stelle wird derzeit viel geforscht, man versucht, das Bilden von Resistenzen hinauszuzögern oder sogar zu verhindern. Bei etwa 10 Prozent der Patienten bilden sich keine Resistenzen mit Imatinib. Diese haben eine nahezu normale Lebenserwartung.
Bei der Therapie spielen für Patient:innen in den verschiedenen Phasen der Erkrankung nebst der Wirksamkeit auch die Verträglichkeit und Lebensqualität wichtige Rollen. Wie sieht es bei den Behandlungsoptionen gerade in den späteren Stadien aus?
Die Erstlinientherapie ist eine der am besten verträglichen Tumortherapien, die es derzeit gibt. Viele Patienten können mit ihr ein normales Leben führen, zur Arbeit gehen, sogar Hochleistungssport ist teilweise möglich. Die Verstärkung der Potenz der weiteren Therapielinien führt zu stärkeren Nebenwirkungen. Betroffene haben dann beispielsweise mit Entzündungen der Mundschleimhaut zu kämpfen oder mit dem Hand-Fuß-Syndrom – beides beeinflusst den Alltag der Patienten deutlich. Hier gilt es, die Dosis möglichst individuell zu optimieren.
Im letzten Jahr wurde erstmals ein Medikament speziell für die GIST (als Viertlinientherapie) entwickelt, Ripretinib. Es hat einen deutlichen Überlebensvorteil und verbessert sogar die Lebensqualität gegenüber keiner Therapie. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Zahl der Patient*innen, die mit GIST ein normales Leben führen können, weiter zu steigern.
Haben Sie eine Empfehlung für Betroffene?
Ich empfehle Patienten, sich mit anderen Betroffenen zu vernetzen. Die Deutsche Sarkom-Stiftung bietet ideale Möglichkeiten dafür. Jede*r GIST-Patient*in sollte zudem zu Beginn der Erkrankung einmal in einer Schwerpunktsprechstunde vorstellig werden und bei aktiver Therapie auch regelmäßig vorstellig werden.
Die Deutsche Sarkom-Stiftung
Die Deutsche Sarkom-Stiftung ist eine gemeinsame Organisation von Patienten und Experten. Die Stiftung setzt sich dafür ein, die Situation für Sarkom-Patienten in Deutschland zu verbessern. Dafür engagiert sie sich in verschiedenen Bereichen: Information, Forschung, Fortbildung, Versorgungsstrukturen inkl. Etablierung von spezialisierten Sarkom-Zentren, Diagnose- und Behandlungsqualität, als auch Patienteninformation und Interessensvertretung.
Die Patientenhilfe der Stiftung speziell zum Thema GIST finden Sie hier.
Weitere Informationen unter www.sarkome.de