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Krankheitsbilder

Seltene Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen – eine ständige Herausforderung für Kinder- und Jugendärzte

Foto: Aleksandra Suzi via Shutterstock

In der Bundesrepublik leben nach aktuellen Schätzungen rund drei Millionen Kinder, die an einer seltenen oder sehr seltenen Krankheit leiden. Das stellt besonders Kinder- und Jugendärzte vor große Herausforderungen bezüglich der Diagnosefindung. Das Neugeborenenscreening ist ohne Zweifel ein wichtiges Instrument, um bereits in den ersten Lebenstagen eventuell vorliegende seltene Erkrankungen aufzudecken.

Dr. Thomas Fischbach

Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ e. V.)

Allerdings sind mit diesem Screening noch lange nicht alle seltenen vererbbaren Erkrankungen abgedeckt. Wenn nun ein kleiner Patient unspezifische Symptome zeigt und alle bisherigen Vermutungen ergebnislos bleiben, ist diagnostischer Spürsinn gefragt. Was können also Kinder- und Jugendärzte konkret dazu beitragen, dass seltene Erkrankungen schneller diagnostiziert und die betroffenen Kinder, sofern verfügbar, einer Therapie zugeführt werden können?

Eine vertrauensvolle Kommunikation zwischen Eltern und Kinder- und Jugendarzt ist eine wichtige Basis: Es gilt, die Sorgen und Beobachtungen der Eltern ernst zu nehmen. Treten Beschwerden immer wieder auf? Manifestieren sie sich in Kombination mit ungewöhnlichen Charakteristika, die nicht zur bisherigen Diagnose passen wollen? Gab es in der Familie des betroffenen Kindes bereits ähnliche Fälle? Das ist klassische Mustererkennung, die auch bei Kinder- und Jugend- sowie Allgemeinärzten immer wieder geschult werden kann und muss, um rätselhafte Fälle lösen zu können. Dazu gehört auch, dass man nie das Interesse an schwierigen Fällen verliert und die Chance erkennt, für den kleinen Patienten und dessen Familie große Veränderungen zu bewirken. Denn in vielen Fällen ist die richtige Diagnose lebensentscheidend.

Wichtig ist es im täglichen pädiatrischen Arbeitsalltag auch an seltene Erkrankungen zu denken und diagnostischen Mustern nachzugehen.

Wenn dann tatsächlich der Verdacht auf eine seltene Erkrankung im Raum steht, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Kinder- und Jugendarzt hat die Möglichkeit, selbst weitere Untersuchungen vorzunehmen, oder er überweist den Patienten an einen Fachkollegen oder, noch besser, an ein Zentrum für seltene Erkrankungen, wo dann die weitere Differenzialdiagnostik erfolgen kann. Nicht jeder Fall, der „von der Norm abweicht“, wird letztendlich auch Klärung finden können. Die Kinder- und Jugendärzte spielen im Diagnosedschungel aber eine bedeutende Rolle, denn sie sind es, die den entscheidenden Stein ins Rollen bringen können. Und das ist der wichtigste Schritt, damit Kinder mit seltenen Erkrankungen schneller diagnostiziert und entsprechend versorgt werden können.

Von Anfang an: Bereits in den ersten Lebenstagen spielen Kinder- und Jugendärzte eine tragende Rolle. (Foto: funnyangel via Shutterstock)

Ganz wichtig für die Eltern betroffener Kinder ist es, bei Auffälligkeiten und Beschwerden des Kindes gerade jetzt keine Scheu vor dem Arztbesuch zu haben: Kinder- und Jugendärzte und Spezialisten im Bereich seltener Erkrankungen sind weiterhin für ihre Patienten da, auch in Pandemie-Zeiten.

Das gilt besonders, wenn bereits eine Diagnose gestellt werden konnte und das betroffene Kind therapiert werden kann. Wenn seitens der Eltern Unsicherheiten bestehen, ob das Kind durch eine eventuell chronische seltene Erkrankung zur Risikogruppe gehört, ist ihr behandelnder Arzt Ansprechpartner Nummer eins, mit dem sie Ängste und Sorgen offen besprechen können. Auf keinen Fall sollten eigenmächtig Medikamente abgesetzt werden, da das ein großes Risiko für das Wohlergehen der jungen Patienten darstellt.

Zudem sollte gerade jetzt vor dem nahenden Herbst noch einmal der Impfstatus überprüft werden, damit besonders chronisch erkrankte Kinder keinen zusätzlichen Gefährdungen durch beispielsweise Grippeviren ausgesetzt werden, die das Immunsystem unnötig schwächen.

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