Skip to main content
Home » Krankheitsbilder » „PBC-Betroffene müssen mit ihren Beschwerden ernst genommen werden“
Krankheitsbilder

„PBC-Betroffene müssen mit ihren Beschwerden ernst genommen werden“

Foto: Privat

Selbstmanagement ist bei PBC sehr wichtig. Ich führe z. B. ein Krankheitstagebuch, damit ich meinem Behandlungsteam auch immer sagen kann, wie meine Erkrankung in letzter Zeit verlaufen ist.

Renate Wisse, PBC-Betroffene

Die Primäre Biliäre Cholangitis (kurz PBC) ist eine seltene Lebererkrankung, die quälende Beschwerden verursacht, welche die Lebensqualität Betroffener stark beeinträchtigen können. Etwa 90 % der Betroffenen sind Frauen. Renate Wisse ist eine von Ihnen. Sie erzählt uns von ihrem Weg zur richtigen Diagnose und wie sie heute ihren Alltag mit PBC bestreitet.

Frau Wisse, Sie leben mit der seltenen Autoimmunerkrankung PBC. Wann haben Sie bemerkt, dass etwas nicht stimmt, und welche Beschwerden hatten Sie?

Die Beschwerden begannen 2014 mit einem starken Juckreiz, der ganz typisch für die PBC ist. Zudem bekam ich eine schwere Grippe und im Anschluss eine Gürtelrose. Davon erholte ich mich schwer und langsam. Ich war permanent erschöpft und müde, aber es wurde mir gesagt, dass das an der Gürtelrose läge. Da bräuchte man eben Zeit, um wieder richtig fit zu werden. Außerdem solle ich auch an die Wechseljahre denken. Heute weiß ich, dass beides klassische PBCSymptome waren: sowohl der Juckreiz als auch diese bleierne Müdigkeit, das sogenannte Fatigue-Syndrom.

Anzeige

Sie haben dann sicher ärztlichen Rat gesucht: Wie sah Ihr Weg bis zur richtigen Diagnose aus?

Nach der Gürtelrose war ich weiter bei meinem Hausarzt in Behandlung, der ein Blutbild machte und erhöhte Leberwerte feststellte. Er brachte die Werte mit meiner Erschöpfung und dem Juckreiz in Verbindung und überwies mich mit Verdacht auf PBC in eine Uniklinik. Auf den Termin musste ich sechs lange Monate warten. Ich fing an zu recherchieren und war am Boden zerstört, denn die wenigen, veralteten Infos, die ich fand, gaben mir noch zehn Jahre Lebenszeit. Das hat Todesangst in mir ausgelöst. In der Uniklinik wurde dann die Diagnose PBC gestellt. Ich bekam die Info, dass die Erkrankung nicht heilbar, aber aufzuhalten sei, bekam Medikamente und wurde wieder nach Hause geschickt. Weitere Infos bekam ich nicht. Beim nächsten Termin bekam ich aber einen Flyer, auf dem die Website www.pbcnews.info vorgestellt wurde. Diese Website war für mich das, was ich gesucht hatte: Eine verlässliche Quelle mit genau den Infos, die ich brauchte, um meine Erkrankung zu verstehen und mit ihr umzugehen.

Was waren für Sie die größten Herausforderungen im Alltag und war es für Sie wichtig, sich selbst mit der Erkrankung auseinanderzusetzen?

Zwar haben meine Medikamente den Juckreiz vermindert und meine Leberwerte verbessert. Die Fatigue mit ihrer bleiernen Müdigkeit begleitete mich weiterhin.

Ich machte aber weiter wie bisher, ging arbeiten, machte den Haushalt, ging mit dem Hund spazieren. Dafür strich ich private Verabredungen, für die die Kraft nicht ausreichte. Mein Umfeld nahm das nicht gut auf, ich stieß auf viel Unverständnis. Man sah mir meine Erkrankung ja nicht an. Zudem habe ich lange mit der Angst gelebt, viel zu früh sterben zu müssen. Gut über die eigene Erkrankung informiert zu sein war und ist für mich daher der Schlüssel: um selbst mit der Erkrankung umgehen zu können, aber auch, um andere darüber aufklären zu können. Mittlerweile engagiere ich mich auch selbst bei PBC News.

Wie sieht Ihr Leben nun nach der richtigen Diagnosestellung und unter Therapie aus: Können Sie wieder einen geregelteren Alltag führen?

Grundsätzlich versuche ich, mich gesund zu ernähren, auf Alkohol verzichte ich komplett. Ich versuche, mich wohldosiert zu bewegen. Ich meditiere, mache sanftes Yoga. Auch die Spaziergänge mit unserem Hund helfen mir, in Bewegung zu bleiben. Durch die Medikamente sind meine Leberwerte im Lot, auch der Juckreiz ist weg. Alle drei Monate werden meine Werte beim Hausarzt überprüft. Über verschiedene Patientenseminare habe ich viel gelernt und weiß z. B. inzwischen genau, wie meine wichtigsten Leberwerte aussehen sollten.

Anzeige

Die Fatigue macht mir das Leben aber weiterhin schwer, und ich hatte 2018 einen Zusammenbruch, der mit einer Depression einherging. Ich konnte nicht mehr. Ich habe mich dann erst langsam wieder erholt, aber musste damit umgehen lernen, dass mein Alltag nun anders aussehen würde. Manche Patientinnen können aufgrund der Fatigue gar nicht mehr in den Arbeitsalltag zurück. Ich habe dann eine Therapie gemacht, die mir sehr geholfen hat, mit meiner Krankheit umzugehen und Grenzen zu setzen. Und auch hier kommt wieder die Website PBC News ins Spiel, da ich darüber einen Arzt fand, der Patientenseminare zum Thema Krankheitsbewältigung anbot. Seit letztem Jahr bin ich über PBC News auch mit anderen Betroffenen im Kontakt, da ich an der Veranstaltung „PBC on Tour“ teilgenommen habe.

Was wünschen Sie sich im Hinblick auf die Versorgung von PBC-Betroffenen und wo sehen Sie persönlich Verbesserungspotenzial?

Ich wünsche mir sehr, dass unsere Beschwerden ernst genommen werden, ganz besonders in Hinblick auf betroffene Frauen mittleren Alters. Denn bei ihnen werden die Beschwerden gern auf die Menopause geschoben, das passierte auch mir. Ich denke, dass eine viel intensivere Vernetzung von Fachärzten hier helfen kann, um Betroffene ganzheitlich zu betrachten.

Zudem wünsche ich mir mehr Unterstützung für Menschen mit chronischen Erkrankungen, z. B. bei der Bewältigung bürokratischer Hürden. Und natürlich wünsche ich mir, dass weiter Forschung betrieben wird!

Was würden Sie anderen Betroffenen raten?

Man muss hartnäckig sein, dranbleiben, ganz aktiv an der Behandlung mitarbeiten und immer informiert bleiben. Selbstmanagement ist bei PBC sehr wichtig. Ich führe z. B. ein Krankheitstagebuch, damit ich meinem Behandlungsteam auch immer sagen kann, wie meine Erkrankung in letzter Zeit verlaufen ist. Und auch meine Leberwerte kenne ich inzwischen ganz genau: Phosphatase (AP), Gamma-GT, Bilirubin, GOT und GPT sind hier besonders wichtige Werte. Aber ich muss auch sagen, dass ich es toll finde, wie eng Ärzte inzwischen bereit sind, mit den Patienten zusammenzuarbeiten!

Zudem ist die Vernetzung mit anderen Betroffenen eine große Hilfe, da man sich gegenseitig unterstützen kann. Ich selbst bin mittlerweile sehr aktiv bei PBC News und gebe Workshops für andere Betroffene zum Umgang mit der Erkrankung. Aufklärung ist der Schlüssel, um mit der Erkrankung leben zu können, Ängste zu bewältigen und ein Stück Selbstwirksamkeit zurückzuerlangen.

Die Informationsplattform www.pbcnews.info möchte dazu beitragen, die wichtigsten Informationen für Betroffene und auch für deren Angehörige bereitzustellen und den Dialog der Patienten untereinander zu fördern.

Anzeige
Next article