Das Nebennierenrindenkarzinom ist eine bösartige Erkrankung der Nebennierenrinde. Mit nur etwa 80 bis 100 Neuerkrankungen jährlich in Deutschland ist das Nebennierenrindenkarzinom äußerst selten und es gibt es nur wenige Einrichtungen, die auf die Behandlung spezialisiert sind.
Wir sprachen mit Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiß vom LMU Klinikum über diese seltene Krebserkrankung.
Prof. Dr. Dr. Matthias Kroiß
Leiter AG Endokrine Onkologie LMU Klinikum
Herr Prof. Kroiß, welche Symptome verursacht das Nebennierenrindenkarzinom und was ist die Schwierigkeit bei der Diagnose?
Es gibt verschiedene Symptome, die bei Betroffenen auftreten und zur Diagnose eines Nebennierenkarzinoms führen können. Ein Teil der Tumore führt zu einer Überproduktion von Hormonen, zum Beispiel von Geschlechtshormonen. Im weiblichen Körper führt dies dann zu Bartwachstum, einer tiefen Stimme, Haarausfall und Akne. Bei Männern kann ein Überschuss an weiblichen Hormonen zu Brustwachstum oder verminderter Libido führen. Es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen das Nebennierenkarzinom Cortisol produziert und es folglich zu einem Überschuss dieses Stresshormons kommt. Die Folge sind Bluthochdruck, Diabetes oder Infektanfälligkeit. Dieses Beschwerdebild nennt man Cushing-Syndrom.
Tumoren, die keine Hormone bilden, können durch Wachstum und die zunehmende Größe unspezifische Bauchschmerzen verursachen und ein Druckgefühl auslösen. Diese nehmen mit der Größe des Tumors zu, so dass er im Frühstadium, wenn der Tumor noch klein ist, kaum zu diagnostizieren ist. Hinzu kommt: Gutartige Nebennierentumore sind sehr häufig und es fällt daher schwer, aus den vielen kleinen Tumoren der Nebenniere die wenigen bösartigen Nebennierenkarzinome “herauszufiltern“. Insgesamt sind die Beschwerden eher unspezifisch und können verschiedene andere Ursachen haben, so dass sie nicht unmittelbar auf diese Krebsart zurückzuführen sind.
Wie sehen die derzeitigen Therapiemöglichkeiten aus und welche Rolle spielt der Diagnosezeitpunkt?
Die Therapie, die die Krankheit heilen kann, ist die Operation. Eine Operation der Nebenniere mit Entfernung des Tumors ist jedoch meist nur sinnvoll, wenn der Krebs sich noch nicht in andere Teile des Körpers ausgebreitet hat, sich also in einem frühen Stadium befindet. Der Zeitpunkt der Diagnosestellung ist daher für den Krankheitsverlauf von großer Bedeutung. Deshalb ist es wichtig, bei Beschwerden einen Arzt aufzusuchen und dieser sollte dann auch die Diagnostik rasch in die Wege zu leiten.
Eine Nebennierenoperation sollte grundsätzlich in einem erfahrenen Zentrum durchgeführt werden. Nach der vollständigen Entfernung des Tumors können Medikamente verabreicht werden, um die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens zu verringern. Ist eine operative Entfernung nicht möglich, zielt die Behandlung Text Alexandra Lassas darauf ab, den Krankheitsverlauf durch eine medikamentöse Behandlung zu verlangsamen. Ziel ist es, das Tumorwachstum zu hemmen und die Beschwerden zu lindern. Im fortgeschrittenen Stadium ist oft eine Chemotherapie notwendig. Darüber hinaus wird Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung empfohlen, an klinischen Studien teilzunehmen, in denen neue Medikamente getestet werden. Es gibt immer wieder Fälle, in denen Patienten sehr gut auf die Therapie ansprechen und in Einzelfällen, trotz fortgeschrittenem Stadium, eine Heilung erreicht werden kann.
Wo finden Betroffene Unterstützung und wo werden sie optimal versorgt?
Bei Verdacht auf ein Nebennierenkarzinom sollte Kontakt zu einem spezialisierten Zentrum aufgenommen werden. Dabei sollte es sich um eine Klinik handeln, die über eine entsprechend ausgewiesene endokrinologische Abteilung verfügt und sich rasch um den Patienten kümmern kann.
Es gibt auch eine internationale Patienteninitiative (www.letscureacc.com), bei der Patienten Rat und Hilfe finden. In Würzburg findet am 13.04.2024 ein Treffen für Betroffene und Angehörige statt.
Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass sich betroffene Patienten und ihre niedergelassenen Ärzte schnell mit geeigneten Zentren vernetzen.