Klaus Heinz-Wagner ist seit elf Jahren Vorsitzender des Vaskulitis e. V. Im Interview spricht er über die seltene Erkrankung Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (kurz EGPA).
Klaus Heinz-Wagner
Vorsitzender, Vaskulitis e. V.
Die EGPA gehört zu den seltenen rheumatischen Erkrankungen. Wie viele Betroffene gibt es in Deutschland?
Bei dieser Erkrankung, die früher in Fachkreisen unter dem Namen Churg-Strauss-Syndrom bekannt war, ist der Wert einer bestimmten Art von weißen Blutkörperchen, der Eosinophile, im menschlichen Körper erhöht. Diese Blutkörperchen sind im Wesentlichen für eine gute Immunabwehr verantwortlich. Bei EGPA-Betroffenen steigt die Anzahl der Eosinophile jedoch übermäßig stark an und es kommt zu Entzündungsreaktionen an kleinen und mittelgroßen Blutgefäßen. Dadurch können an fast allen Stellen des Körpers dauerhafte Schädigungen der Organe verursacht werden. Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis kann in jedem Alter auftreten. Auf eine Million Menschen werden im Jahr rund 11 bis 18 Fälle gemeldet.
Gibt es Symptome, die auf eine EGPA schließen lassen?
In der Anfangsphase der EGPA tritt oftmals ein Asthma auf, weshalb die Betroffenen an Lungenfachärzt*innen verwiesen und gegen die Atemwegserkrankung behandelt werden. Diese Behandlung mindert aber in den seltensten Fällen den zugrunde liegenden Krankheitsprozess, sodass alsbald die Folgen der aufflammenden Vaskulitis an verschiedensten Organen wie der Haut, dem Magen-Darm-Trakt, dem Herz, dem Nervensystem etc. zutage treten und weitere Fachärzt*innen besucht werden. Bis der Zusammenhang der verschieden-artigen Symptome erkannt wird, dauert es häufig einige Zeit.
Im weiteren Verlauf der Erkrankung können täglich wechselnde Symptome wie Gelenkschmerzen, Fieber, starke Müdigkeit oder Gewichtsabnahme auftreten. Die Betroffenen haben oft lange, beschwerliche Leidenswege hinter sich bis eine Diagnose erfolgt, denn im Durchschnitt sind die Patienten bereits seit drei bis sieben Jahren erkrankt und der Krankheitsprozess ist entsprechend weit fortgeschritten. Durch die späte Diagnose können Organschäden aufgetreten sein, die bedingt durch die Vaskulitis – die Entzündung der Blutgefäße – oder durch Langzeitmedikationen entstanden sind.
Bei Verdacht auf eine EGPA ist deren sicherster Nachweis die Bestimmung der Eosinophilenwerte anhand eines Blutbildes und/oder einer Gewebeprobe aus einem der betroffenen Organe.
Unter welchen Voraussetzungen ist ein Leben mit EGPA möglich?
Die EGPA ist bislang nicht heilbar. Die Behandlung konzentriert sich darauf, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Der Erkrankte kann diese Maßnahmen unterstützen, indem er seinen Lebensstil an das Leiden anpasst. Dies gelingt zum Beispiel durch eine Umstellung der Ernährung. Grundsätzlich wird bei der EGPA eine gesunde und ausgewogene Diät mit ausreichend Kohlenhydraten empfohlen. Zudem sollte auf Genussmittel wie Alkohol, Koffein und Nikotin verzichtet werden. Betroffene sollten ausreichend Flüssigkeit aufnehmen, um Blutungen, Bluthochdruck und anderen typischen Symptomen der Erkrankung entgegenzuwirken. Begleitend dazu ist eine medikamentöse Therapie angezeigt. Diese kann von dem Erkrankten unterstützt werden, indem ein Beschwerdetagebuch mit etwaigen Neben- und Wechselwirkungen angelegt wird. Mithilfe dieser Notizen kann der zuständige Arzt die Medikation optimal auf die individuellen Symptome und die Konstitution des Patienten einstellen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Zur Behandlung von EGPA werden verschiedene immunsuppressive Medikamente (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken) eingesetzt. Ihr medizinischer Betreuer wird das Medikament basierend darauf auswählen, wie sich EGPA auf Sie auswirkt – ob es leicht (z. B. Auswirkungen auf die Haut oder das Gelenk) oder möglicherweise lebensbedrohlich ist.
Glukokortikoide wie Prednison oder Prednisolon sind die am häufigsten verwendeten Behandlungen. Menschen mit einer leichten Erkrankung, deren Krankheit das Nervensystem, das Herz, die Nieren, den Darmtrakt nicht betrifft oder andere Merkmale einer schweren Erkrankung aufweist, können mit einer Kortikosteroidtherapie allein sehr gut abschneiden. Sobald sie eine dramatische Verbesserung bei diesem Medikament feststellen, wird die Dosierung auf die niedrigste Menge reduziert, die die Krankheit unter Kontrolle hält.
Menschen mit EGPA, die kritische Organe betrifft, werden normalerweise mit Kortikosteroiden in Kombination mit einem anderen immunsuppressiven Medikament behandelt.
Das Ziel der Behandlung ist es, alle Schäden durch EGPA zu stoppen. Dies wird als „Remission“ bezeichnet. Sobald sich die Krankheit bessert, kann ihr Arzt die Behandlung anpassen und Medikamente reduzieren. Patienten mit eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis sollten sich so gut wie möglich über ihre Erkrankung informieren. So können sie neue Symptome sofort erkennen und ihrem Arzt unverzüglich mitteilen.
Der Verlauf der EGPA ist vor allem von einer Rezidivneigung geprägt, weshalb der remissionserhaltenden Therapie und regelmäßigen Kontrollen eine große Bedeutung zukommt.