Da meine Diagnose erst so spät gestellt wurde, sind Schäden entstanden, die sich nur sehr langsam oder gar nicht mehr beheben lassen. Aber solange sich nichts verschlechtert, bin ich sehr glücklich darüber!
Ronny Specht
Vorstandsmitglied der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe (MFSH) e. V. und selbst Morbus Fabry-Patient
Morbus Fabry ist eine erblich bedingte Stoffwechselstörung, die das Leben Betroffener stark beeinträchtigen kann. Ronny Specht ist selbst betroffen von der Erkrankung und im Vorstand der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe (MFSH) e. V. tätig. Im Interview erzählt er uns von seinem Leben mit Morbus Fabry, und warum er sich ehrenamtlich in der Selbsthilfe engagiert.
Herr Specht, Sie sind selbst betroffen von Morbus Fabry. Wie hat sich die Erkrankung bei Ihnen gezeigt?
Erste Beschwerden hatte ich schon im Kindesalter. Wenn ich einen Infekt hatte oder körperlich überlastet war, hatte ich starke Nervenschmerzen, die sich als extremes Brennen in den Händen und Füßen gezeigt haben. Diese Schmerzen waren so stark, dass ich als Kind gedacht habe: „Ich hacke mir gleich die Hände ab, ich halte das nicht aus!“ Meine Eltern haben natürlich vermutet, dass das keinesfalls normal ist. Da ich auch kleine punktförmige Einblutungen (sog. Angiokeratome) am rechten Schienbein hatte, gingen wir zum Arzt. Im Zuge der Wende ist das aber leider untergegangen und wurde nicht weiter verfolgt.
Wie wurde schließlich die richtige Diagnose gestellt?
Das war eine Odyssee. Als Jugendlicher habe ich im Sommer bemerkt, dass ich nicht schwitze, was ein ganz typisches Symptom von Morbus Fabry ist. Ich konnte mich nie lang in der Sonne aufhalten, weil ich schlichtweg überhitzte. Da dachte ich: Da kann doch irgendwas nicht stimmen! Es sollte aber noch lange dauern, bis man dem Morbus Fabry auf die Spur kam.
Vor vier Jahren ist mir schlagartig die linke Hand eingeschlafen. Ich dachte, ich hätte mir einen Nerv eingeklemmt und ging zum Hausarzt, der vermutete, dass mehr dahintersteckt. Ich wurde zum Gefäßspezialisten überwiesen, der ein MRT machte, und sollte mich zudem beim Neurologen vorstellen. Beim MRT gab es Auffälligkeiten, und es stand die Diagnose Multiple Sklerose im Raum: eine Verwechslung, die beim Fabry häufig vorkommt. Ich wurde an die Uniklinik in Augsburg verwiesen, wo eine sehr versierte Neurologin MS ausschloss und direkt sagte: „Da gibt es einen Trittbrettfahrer, der die Symptome auslöst, und den müssen wir finden!“ Nach weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass ein kleiner Schlaganfall der Auslöser meiner tauben Hand war: Mit 42 war ich dafür aber eigentlich zu jung. Zudem war mein Herz schon immer leicht auffällig, und nach weiteren kardiologischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass ich eine linksseitige Herzwandverdickung habe. Diese Symptomkonstellation ließ die Ärzte schließlich aufhorchen und ich wurde molekulargenetisch getestet. Nach fast 40 Jahren Fehlersuche stand die Diagnose fest: Ich habe Morbus Fabry. In meiner Familie bin ich der erste mit dieser Diagnose.
Morbus Fabry kann sich auf den gesamten Körper auswirken. Wie sieht das bei Ihnen konkret aus?
Ich bin der klassische Fabry-Patient, wie er im Lehrbuch steht: Brennende Hände und Füße, Herzwandverdickung, zwei Schlaganfälle in jungen Jahren, Petechien, eine Nierenbeteiligung (wenn zum Glück auch gering), die Unfähigkeit zu Schwitzen, Hörprobleme, der klassische Fabry-Katarakt, Fatigue, Darmprobleme. Hier kann ich überall ein Kreuzchen setzen.
Zwar ist Morbus Fabry nicht heilbar, aber gut behandelbar. Wie werden Sie behandelt und wie geht es Ihnen unter Therapie?
Ich bekomme alle zwei Wochen eine Enzymersatztherapie, die etwa vier Stunden dauert. Ich bin sehr froh, dass mein Zustand unter Therapie stabil ist. Da meine Diagnose erst so spät gestellt wurde, sind Schäden entstanden, die sich nur sehr langsam oder gar nicht mehr beheben lassen. Aber solange sich nichts verschlechtert, bin ich sehr glücklich darüber!
Sie sind seit Kurzem Mitglied des Vorstandes der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e.V. Was ist Ihr Antrieb dafür, sich in der Selbsthilfe zu engagieren?
Seit zwei Jahren bin ich bereits Mitglied der MFSH e. V., da der Kontakt zu anderen Betroffenen eine ganz wichtige Hilfe für mich ist. Man fühlt sich zu 100% verstanden und kann sich gegenseitig unterstützen. Letztes Jahr im November bin ich eingesprungen, um bei einer Veranstaltung ein Vorstandsmitglied zu vertreten. Danach wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, dauerhaft im Vorstand mitzuarbeiten, was ich gern angenommen habe. Denn so kann ich ganz aktiv die Vernetzung Betroffener fördern und auch Forschungsaktivitäten mit vorantreiben. Das ist mein Antrieb!
Weitere Informationen über die Morbus Fabry Selbsthilfegruppe (MFSH) e.V.
finden Sie unter:
www.fabry-shg.org