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Krankheitsbilder

Eine Laune der Natur, die alles verändert 

Emily (19) leidet am Alagille-SyndromIm Interview erzählt uns ihre Mutter, Deyna Dost (44), Emilys Geschichte, die selbst für eine seltene Erkrankung außergewöhnlich selten ist.

Deyna, Ihre Tochter leidet am seltenen Alagille- Syndrom. Wann fiel Ihnen das erste Mal auf, dass mit Emily etwas nicht stimmt?

Als ich im siebten Monat mit Emily schwanger war, bekam ich plötzlich vorzeitige Wehen. Und in mir machte sich das Gefühl breit, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Als Emily in der 37. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt geholt wurde, wirkte sie ganz normal. Weil sie zu schwach war zum Stillen und auch durch Flaschennahrung nicht genug zunahm, wurde sie durch eine Sonde ernährt. Die Ärztinnen und Ärzte entdeckten zudem ein unklares Herzgeräusch, beruhigten mich jedoch damit, dass das bei Neugeborenen nicht ungewöhnlich sei. Als Emily eine Gelbsucht entwickelte, hieß es wieder: alles normal. Die Neugeborenengelbsucht verging, kam allerdings nach zwei Wochen wieder. Das beunruhigte mich. Unser Kinderarzt schickte uns für einen Lebercheck zu Spezialisten, da auch der Stuhl des Babys auffallend hell war.

Wie kam es zur Diagnose?

Wir hatten Riesenglück: In der Uniklinik trafen wir auf eine Ärztin, die zum Alagille-Syndrom forschte. Nachdem sie Emilys Untersuchungsergebnisse gelesen und sich mein Baby angeschaut hatte, äußerte sie ihren Verdacht. Emily hatte viele der für die seltene Erkrankung typischen Symptome: eine hohe Stirn, weit auseinander- stehende Augen, einen Herzfehler. Der Gentest bestätigte den Verdacht. Wobei Emily ihr Alagille-Syndrom nicht geerbt, sondern spontan entwickelt hatte – eine Laune der Natur, die alles veränderte.

Was macht Emilys Geschichte außergewöhnlich?

Emilys Leberwerte waren nicht die besten, lagen aber im Normbereich. Man schickte uns mit dem Rat nach Hause, Emily nicht zu fett zu ernähren. Ansonsten gab es keine Einschränkungen. Sie wirkte gesund, war nur etwas blass. Mit sechs Monaten fing mein kleines Mädchen plötzlich an, sich am ganzen Körper zu kratzen. Zu sehen war nichts, doch der Juckreiz muss unerträglich gewesen sein. Sie kratzte sich rund um die Uhr. An Schlaf war nicht zu denken. Unsere Ärztinnen und Ärtze hier konnten nichts für Emily tun. Schließlich landeten wir in der Uniklinik in Hamburg und standen schnell vor der Entscheidung zwischen Leben und Tod: Emily brauchte eine neue Leber. Die Transplantation fand statt, als sie 22 Monate alt war. Sie hatte gerade laufen gelernt. Leider verlief die OP schlecht, sodass Emily im Februar 2005 inner- halb einer Woche eine neue Leber transplantiert werden musste. Doch auch diese führte zu vielen Komplikatio- nen. Ich verbrachte Monate mit Emily im Krankenhaus in Hamburg, habe mein Leben hintenangestellt, auch meine Ehe zerbrach. Im August 2005 erhielt Emily zum dritten Mal eine neue Leber. Die OP verlief zum Glück wie im Bilderbuch. Mit dieser Leber lebt Emily bis heute. Sie hat damit keinerlei Einschränkungen zu befürchten, kann ganz normal leben, beruflich alles machen, Sport treiben, alt werden.

Wie wirkt sich die Erkrankung auf Emilys Alltag aus?

Emily musste nach dem langen Krankenhausaufenthalt neu laufen lernen. Wegen der Medikamente, die sie seit der Transplantation ununterbrochen nimmt, damit ihr Körper die fremde Leber nicht abstößt, ist ihr Immunsystem geschwächt. Sie war bis zu ihrem sechsten Geburtstag immer wieder im Krankenhaus, weil sie jeden Infekt mitnahm. Darunter litt ihr soziales Leben. Mit zwölf Jahren verlor Emily plötzlich alle Haare am Körper und diese wuchsen drei Jahre lang nicht nach. Niemand konnte uns erklären, warum, geschweige denn etwas dagegen tun. Eine Katastrophe für eine Pubertierende. Emily konnte sich nicht mehr im Spiegel anschauen, mied Menschen irgendwann ganz und stürzte in ein Loch, in dem sie noch immer steckt. Sie wurde schwer depressiv. Die Depression beeinträchtigt sie so sehr, dass sie bis heute nicht in der Lage ist, ihr Leben auf eigene Füße zu stellen. Emily würde gerne im medizinischen Bereich arbeiten, um anderen Menschen in ähnlicher Situation, wie sie sie erlebt, zu helfen. Doch für depressive Menschen wie Emily, die große Probleme mit festen Strukturen im Alltag haben, gibt es leider kaum Chancen in unserem auf Leistung getrimmten System.

Suchen Sie sich psychologische Unterstützung für Ihr krankes Kind und für sich selbst. Sie müssen das nicht alleine durchstehen, es gibt professionelle Hilfe!

DER VEREIN LEBERKRANKES KIND E. V.

Seit 1987 gibt es den Verein Leberkrankes Kind e. V. Gegründet wurde er von Eltern leberkranker Kinder, die das Bedürfnis hatten, sich mit anderen betroffenen Familien auszutauschen – vor der Zeit von Internet und Social Media. Wenn ein Kind schwer erkrankt, steht die gesamte Familie vor großen Herausforderungen im Alltag. Hier unterstützt der Verein durch Einzelfallhilfen, Informationen, Beratung und sein großes Netzwerk.

Einmal im Jahr veranstaltet der Verein einen Familientag an einem der Kinder-Leberzentren und gibt eine Mitgliederzeitschrift heraus. Zudem lädt er seine Mitglieder zu Regionalgruppen-Treffen ein und vernetzt so betroffene Familien in der Nähe ihres Wohnortes.

Heute hat der Verein rund 300 Mitglieder. Der Mitgliedsbeitrag von 65 Euro pro Familie und Jahr kommt direkt den Kinderkliniken zugute, die auf Lebererkrankungen bei Kindern spezialisiert sind. Auch Fördermitgliedschaften für Privatpersonen und Unternehmen sind möglich (ab 40 Euro pro Jahr).

Spendenkonto

Commerzbank Rastatt

IBAN: DE43 660 400 180 250 108 800 BIC: COBADEFFXXX

Weitere Informationen unter:

www.leberkrankes-kind.de

Lebererkrankungen im Kindesalter

Die Leber ist das größte innere Organ des menschlichen Körpers. Sie besteht aus mehr als 300 Milliarden Zellen, die zusammen jede Menge Aufgaben lösen müssen.

Die Leber:

• Prüft alle Nahrungsbestandteile und wandelt sie in brauchbare Substanzen um

• Filtert Schadstoffe und Gifte

• Stellt Proteine her, mit deren Hilfe Kinder wachsen

• Produziert Vitamin K, das die Blutgerinnung ermöglicht

• Speichert Zucker, Kupfer, Eisen und Vitamine und gibt diese Stoffe bei Bedarf ab

• Kontrolliert den Flüssigkeits- und Hormonspiegel

Im Gegensatz zu den anderen inneren Organen ist die Leber in der Lage, sich zu regenerieren. Sie übernimmt selbst mit einem kleinen Anteil an gesunden Zellen ihre Aufgaben über lange Zeit. Die Leber wächst sogar wieder nach, wenn ein Teil operativ entfernt wurde. Voraussetzung ist natürlich, dass die verbliebenen Leberzellen gesund sind. Bei so vielen Funktionen der Leber ist es nicht verwun- derlich, dass es mehr als 100 verschiedene Leber- erkrankungen bei Kindern gibt.

Die großen Gruppen der Lebererkrankungen sind:

• entzündliche Lebererkrankungen

• Stoffwechselerkrankungen

• angeborene Fehlanlagen der Gallenwege und andere Gallenwegserkrankungen

Unbehandelt ist den meisten dieser Erkrankungen langfristig die Entwicklung einer Leberzirrhose gemeinsam, eines narbigen Umbaus der Leber mit Verlust an funktionierenden Leberzellen.

So unterschiedlich die Ursache einer Lebererkrankung sein kann, so unterschiedlich sind auch die möglichen Behandlungen. In jedem Fall ist die Be- treuung durch spezialisierte Ärzte oder Kliniken erforderlich, denn durch die Vielfältigkeit der Lebererkrankungen und ihre insgesamt geringe Häufigkeit können nur hier die nötigen Erfahrungen gesammelt und die geeignete Therapie gefunden werden.

Quelle: Verein Leberkrankes Kind e. V.

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