Der ExperteWolfgang Köhler im Interview. Wie schwer ist die Diagnose? Welche diagnostischen Verfahren gibt es und wie kann man die Cerebrotendinöse Xanthomatose behandeln?
Wolfgang Köhler
Ärztlicher Leiter der Klinik und Poliklinik für Neurologie
Universitätsklinikum Leipzig A.ö.R.
Welche Erkrankung steckt hinter dem nahezu unaussprechlichen Namen Cerebrotendinöse Xanthomatose (CTX)?
Die Cerebrotendinöse Xanthomatose (CTX) gehört zu den seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Konkret handelt es sich um eine erbliche Störung des Gallensäurestoffwechsels, bei der sich zum Beispiel das Cholesterin in allen Organen des Körpers ablagert und zu schweren Schäden führt.
Betrifft die Krankheit anteilig mehr Kinder oder mehr Erwachsene?
Die Erkrankung beginnt häufig bereits im Kindes- und Jugendalter, es werden jedoch zunehmend auch Fälle beschrieben, bei denen die Symptome erst im Erwachsenenalter in Erscheinung getreten sind.
Welche Symptome treten bei einer Erkrankung auf?
Die häufigsten nichtneurologischen Symptome sind chronische Durchfälle, beidseitige Linsentrübung am Auge und Verdickungen im Bereich der Sehnen, zum Beispiel der Achillessehne, als sogenannte Sehnenxanthome. Diese Symptome kommen meist schon im Kindesalter vor, ebenso wie ein Aufstau der Galle mit einer Gelbverfärbung der Haut, ein sogenannter Ikterus.
Später führen die Cholesterinablagerungen in den Gefäßen zu schwerer, ungewöhnlich früh einsetzender Arteriosklerose mit entsprechenden Risiken für die Durchblutung lebenswichtiger Organe wie Herz oder Hirn. Im weiteren Verlauf und besonders häufig bei erwachsenen Patienten kommen weitere, neurologische Symptome wie etwa Schüttellähmung (Parkinson’sche Krankheit), Bewegungsstörungen, epileptische Anfälle und letztlich Demenz hinzu.
Die Vielfalt der Symptome macht die Diagnose nicht einfach, da natürlich viele Alternativen bedacht werden müssen. Trotzdem ist eine frühe Diagnosestellung sehr wichtig, da die Symptome ohne Behandlung unaufhaltsam fortschreiten und zu schweren Behinderungen im Alltag führen.
Welche diagnostischen Verfahren werden angewandt, um sicherzugehen, dass es sich um CTX handelt?
Entscheidend für die Diagnose ist ein einfacher Labortest, nämlich der Nachweis einer erhöhten Serum-Cholestanol-Konzentration. Darüber hinaus kann die Erkrankung natürlich auch genetisch bestätigt werden.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, um CTX zu behandeln? Besteht dadurch die Möglichkeit einer Heilung?
Tatsächlich besteht bei der CTX, im Gegensatz zu den meisten anderen seltenen Stoffwechselerkrankungen, eine Möglichkeit zur Behandlung. Die genetisch bedingt fehlende Gallensäure kann ersetzt werden, wodurch der Gallensäurestoffwechsel wieder ins Lot gebracht werden kann.
Die medikamentös zugeführte Gallensäure heißt Chenodeoxycholsäure (CDCA) und führt zur verminderten Bildung der schädigenden Substanzen Cholestanol und Cholesterin und somit auch zu einer Abmilderung der Symptome beziehungsweise zur Reduktion des Risikos für das Auftreten neuer Symptome.
Gerade dieser vorbeugende Nutzen der Therapie ist besonders bedeutsam. Eine Heilung kann jedoch durch diese Therapie nicht erwartet werden, allerdings kann bei frühem und konsequentem Einsatz der Behandlung eine schwere Behinderung vermieden und eine gute Lebensqualität erhalten werden.