Mindestens 120.000 Menschen in Deutschland leiden an Clusterkopfschmerz: eine Erkrankung, die unerträgliche Schmerzen verursacht. Im englischsprachigen Raum spricht man auch von „Suicide Headache“: das macht deutlich, wie stark Betroffene leiden und welche Auswirkungen es haben kann, wenn die Erkrankung nicht richtig diagnostiziert und behandelt wird.
Wir sprachen mit Ramona Geupert, die selbst betroffen ist und sich im Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen engagiert.
Frau Geupert, wann haben Sie erste Symptome Ihrer Clusterkopfschmerzerkrankung erlebt und wie sahen diese aus?
Im Jahr 2017 begannen meine ersten Anfälle. Nachts litt ich unter stechenden Kopfschmerzen, die jedoch nur kurz andauerten. Meine größte Angst und mein erster Verdacht waren, dass ich möglicherweise einen Tumor oder Schlaganfall hatte. Dies wiederholte sich über drei Nächte hinweg, anfangs dauerten die Attacken nur kurz, doch irgendwann verlängerten sie sich auf bis zu drei Stunden. Besonders stark betroffen war meine linke Seite. Mein Gesicht hing leicht nach unten, mein Auge tränte stark und meine Nase lief ununterbrochen. Zusätzlich verspürte ich einen starken Bewegungsdrang, sodass ich entweder viel laufen musste oder mich stark schüttelte. Nach drei oder vier Tagen konnte ich die Schmerzen nicht mehr ertragen und machte mir große Sorgen, was mit mir los sein könnte. Der Schock und die Panik ließen mich nicht mehr los, daher suchte ich ärztliche Hilfe bei meinem Hausarzt.
Die Erkrankung ist auch für erfahrene Mediziner nicht leicht zu erkennen: wann haben Sie die richtige Diagnose erhalten?
Ich hatte großes Glück, denn mein Hausarzt erkannte die Symptome eines Clusterkopfschmerzes und überwies mich direkt an einen Neurologen. Der Neurologe war mit dieser Krankheit vertraut, sodass ich innerhalb von fünf Wochen meine Diagnose erhielt. Leider ist dies nicht die Regel, da Patienten im Durchschnitt 6-8 Jahre auf die richtige Diagnose warten müssen, wenn es um Clusterkopfschmerzen geht. Dies liegt hauptsächlich daran, dass im MRT keine Anomalien sichtbar sind und die Diagnose auf der Beschreibung des Patienten beruht.
Patienten warten im Durchschnitt leider sechs bis acht Jahre auf die richtige Diagnose.
Was waren und sind für Sie die größten Beeinträchtigungen aufgrund der Erkrankung?
Es dauerte eine Weile, bis ich die richtigen und vor allem für mich geeigneten Medikamente fand, um meinen Alltag bewältigen zu können. Zu dieser Zeit war es mir unmöglich, meinen Minijob auszuüben, mich um meine Großeltern zu kümmern oder auch nur Kontakt zu meinem sozialen Umfeld aufrechtzuerhalten. Der Mangel an Schlaf war und ist ein ernsthaftes Problem, da meine Anfälle hauptsächlich nachts auftreten. Dadurch war ich ständig übermüdet. Zu dieser Zeit hatte ich 8 – 12 Attacken innerhalb von 24 Stunden, daher galt eine Nacht bereits als gut, wenn ich einmal 1 ½ Stunden schlafen konnte. Hinzu kommt der Bewegungsdrang, der meinen Alltag stark einschränkt. Obwohl ich jetzt meinen Minijob wieder ausüben kann, habe ich bei der Arbeit einen Raum, in den ich mich zurückziehen kann, um laufen und mich bewegen zu können. Selbst wenn ich nach draußen gehe, plane ich Rückzugsmöglichkeiten ein, falls ich einen Anfall bekomme.
Die Leitlinie empfiehlt zur Akutbehandlung der Attacken medizinischen Sauerstoff, 6 mg Sumatriptan subkutan und bei Wirksamkeit alternativ 5 mg Zolmitriptan nasal. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesen Therapiemöglichkeiten gemacht?
Bei akuten Anfällen ist Sauerstoff für mich die erste Wahl. Innerhalb von etwa 15 Minuten zeigt der Sauerstoff seine Wirkung, und nach 20 Minuten bin ich schmerzfrei. Derzeit habe ich etwa 3 bis 4 Anfälle innerhalb von 24 Stunden, bei denen ich den Sauerstoff zu 90 Prozent einsetze. Unterwegs stellt dies eine andere Herausforderung dar. In solchen Situationen verwende ich die Sumatriptan-Spritzen. Kurz vor dem Anfall leide ich unter einem brennenden Auge und extremer Nervosität. Sobald der Anfall einsetzt, spritze ich das Medikament.
Es ist von großer Bedeutung, die Angehörigen über die Erkrankung zu informieren, um Verständnis und Unterstützung zu erhalten.
Was wünschen Sie sich für die Versorgung von Betroffenen, sowohl auf dem Weg zur Diagnose als auch bei der Behandlung?
Wenn der Verdacht auf Clusterkopfschmerzen besteht, sollte man zunächst ein spezialisiertes Kompetenzzentrum aufsuchen. Dort sind Fachleute tätig, die über den Verlauf und die medikamentöse Behandlung dieser Erkrankung Bescheid wissen.
Gleichzeitig ist es wichtig, die Bedeutung der Selbsthilfe nicht zu vergessen, um sich mit anderen Betroffenen austauschen zu können. Dies war für mich der zweite, aber entscheidende Schritt, um sich nicht so allein zu fühlen. Es ist auch von großer Bedeutung, die Angehörigen über die Erkrankung zu informieren, um Verständnis und Unterstützung zu erhalten.
Bundesverband der Clusterkopfschmerz-SelbsthilfeGruppen (CSG) e. V.
Die Mitglieder der CSG e.V. erbringen durch ihre ehrenamtliche, tägliche Arbeit einen wichtigen Beitrag in der Betreuung und Beratung der Betroffenen und ihrer Angehörigen.
Auf der Website www.clusterkopf.de finden Sie umfangreiche Informationen, Erkenntnisse und Studien über dieses seltene Krankheitsbild. Zudem bietet der Verband Hilfe bei der Kontaktaufnahme mit anderen Betroffenen oder vermittelt an Spezialisten in der Nähe.
Das erklärte Ziel ist es, die Erkrankung bekannter zu machen und für mehr Verständnis für die Schicksale der betroffenen Menschen zu sorgen.