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Krankheitsbilder

Clusterkopfschmerz: „Seit der Diagnose habe ich wieder selbst die Macht über meinen Körper“

Foto: Privat

Mindestens 120.000 Menschen in Deutschland leiden an Clusterkopfschmerz: Eine Erkrankung, die unerträgliche Schmerzen verursacht. Man spricht auch von „Suicide Headache“: Das macht deutlich, wie stark Betroffene leiden. Wir sprachen mit Andrea Sommer-Fackler, Clusterkopfschmerz-Patientin und Vorstandsmitglied im Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen (CSG) e.V.

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Wann sind bei Ihnen die ersten Symptome aufgetreten und wie sahen diese aus?

Es begann, als ich 15, 16 Jahre alt war. Die Symptome waren ganz klassisch: Ich hatte schubweise einseitige Kopfschmerzen, die so stark waren, dass ich hyperventiliert habe. Die Attacken traten nachts auf. Es folgten diverse Arztbesuche, aber die Beschwerden wurden der Pubertät zugeschrieben. Zwischen den Attacken lagen immer mehrere Jahre ohne Beschwerden, was die Diagnose weiter erschwerte.

Wann und von welchem Arzt wurde die richtige Diagnose gestellt?

2001 hatte ich wieder jede Nacht extreme Schmerzattacken und lief von Arzt zu Arzt. Keiner fand die Ursache. Ein Arzt meinte, die Beschwerden kämen vom Oberkiefer, mir wurden alle Zähne gezogen. Ich war damals 32 Jahre alt, hatte keine eigenen Zähne mehr, und 6 Monate später begannen die Schmerzattacken erneut. Ich habe dann oft gehört, dass ich mir die Schmerzen einbilden würde, wurde als Simulantin abgestempelt und in die psychosomatische Schublade gesteckt. Das war 2010 paradoxerweise der Schlüssel zur Diagnose: Denn mein Psychologe hörte mir aufmerksam zu und sagte, dass er in der Ärztezeitung etwas über Clusterkopfschmerz gelesen hätte, ich solle mich in einer Kopfschmerzambulanz vorstellen. In der LMU München wurde ich dann vom Scheitel bis zur Sohle untersucht, und innerhalb eines Tages stand die Diagnose: episodischer Clusterkopfschmerz auf der rechten Seite. Ganz ehrlich? Ich war happy und erleichtert, dass ich nun endlich wusste: Das Kind hat einen Namen und ich bilde mir meine Beschwerden nicht ein!

Wie sieht Ihr Leben mit Clusterkopfschmerz aus und inwieweit schränkt Sie die Erkrankung ein?

Da ich immer nachts mit Attacken zu kämpfen hatte, war ich tags darauf wie gerädert. Vor der Diagnose ging ich abends mit einem mulmigen Gefühl ins Bett, aus Angst, dass die Schmerzen wiederkommen. Ich habe kaum noch das Haus verlassen, habe mich komplett isoliert. Zudem machte es mich fertig, nicht ernst genommen zu werden. Das sieht jetzt zum Glück anders aus!

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Wie wird Ihre Erkrankung behandelt und können Sie unter Therapie ein normales Leben führen?

Seit ich in Behandlung bin, bestimmt der Clusterkopfschmerz nicht mehr mein Leben, ich bin wieder selbst am Steuer. Und wenn er sich bemerkbar macht, weiß ich, wie ich ihn im Zaum halten kann. Ich habe wieder selbst die Macht über meinen Körper, kann ohne Angst das Haus verlassen, mich mit Freunden treffen, mit meinem Mann essen gehen. Das ist ein wahnsinniges Plus an Lebensqualität!

Was wünschen Sie sich, wenn es um die Versorgung Betroffener geht?

Ein offenes Ohr seitens der Ärzte und einen feinfühligen Umgang mit Betroffenen. Außerdem braucht es mehr Aufklärung zum Clusterkopfschmerz, sowohl bei Ärzten als auch in der Öffentlichkeit. Das war mein Antrieb, mich im Vorstand des CSG e. V. zu engagieren, denn Betroffene gehen bis zur Diagnose buchstäblich durch die Hölle. Zudem wünsche ich mir, dass man bezüglich der Versorgung weniger Kämpfe ausfechten muss, z. B. mit den Krankenkassen. Und da Betroffene immer jünger werden, wünsche ich mir, dass es auch für Kinder und Jugendliche möglichst bald eine zugelassene Therapie gibt!

Bundesverband der ClusterkopfschmerzSelbsthilfe-Gruppen (CSG) e. V.

Auf der Website www.clusterkopf.de finden Sie umfangreiche Informationen, Erkenntnisse und Studien über dieses seltene Krankheitsbild. Zudem bietet der Verband Hilfe bei der Kontaktaufnahme mit anderen Betroffenen oder vermittelt an Spezialisten in der Nähe. Das erklärte Ziel ist es, die Erkrankung bekannter zu machen und für mehr Verständnis für die Schicksale der betroffenen Menschen zu sorgen.

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