Wir sind nicht dafür gemacht, ewig zu leben. Und doch gibt es gewisse unausgesprochene „Anforderungen“ an das Leben und an den Tod, die jeder eingehalten sehen möchte. Dazu gehört unbestritten, dass man miterleben möchte, wie sein Kind aufwächst, die Schule abschließt, wie es sich zum ersten Mal verliebt und zum ersten Mal selbst das Leben eines Erwachsenen führt. Dass das eigene Kind vor den Eltern geht, ist einfach nicht so vorgesehen.
Und doch passiert genau das jeden Tag und stellt besonders das Leben der Eltern und Geschwister vollkommen auf den Kopf. Das gilt ganz besonders für Kinder, die so schwer erkranken, dass klar ist, dass sie ein verkürztes Leben haben werden. Denn dann ist es ein Abschied auf Raten: Man bewegt sich zwischen den Welten, immer wissend, dass die gemeinsame Zeit abläuft.
Circa 50.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene und ihre Familien betrifft das allein in Deutschland. Und auch wenn man noch Jahre oder vielleicht Jahrzehnte vor sich hat: Im ersten Moment ist für Betroffene alles schwarz.
Arbeit im Kinderhospiz – wo Licht auf das Dunkel trifft
Wie kann man unter diesen Bedingungen weiter ein „normales“ Leben führen? Wo liegt überhaupt noch der Sinn zu leben? Betroffene Familien stehen vor einem Scherbenhaufen. Sie brauchen Unterstützung, sie brauchen Beistand, sie brauchen Verständnis und Betreuung. All das bekommen sie in einem der aktuell 139 ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienste oder 17 stationären Hospize für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland.
Dabei geht es nicht nur darum, dass lebensverkürzend erkrankte Kinder ihre letzten Tage nicht in einem weißen, sterilen Krankenhauszimmer verbringen müssen. Es geht darum, Familien in den dunkelsten Stunden, Wochen oder Jahren zu begleiten, wie eine große starke Schulter zum Anlehnen für Betroffene da zu sein und sie aufzufangen aus einem schier unendlich wirkenden Fall ins Bodenlose.
Genau das leisten all die Hospizpfleger und -pflegerinnen, Ärzte und Ehrenamtlichen, die in diesen Hospizen tätig sind. Sie sind das Lächeln, das jeden Morgen den Raum der Kinder erhellt, das Gehör für die Angehörigen, denen die Last ihres todkranken Kindes zu schwer wird, sie sind da und geben Sicherheit. Sei es in Gesprächsrunden, in denen Betroffene und Angehörige zusammenfinden und gemeinsam Erfahrungen teilen oder über den Lebenssinn sprechen können. Oder sei es bei ihren täglichen Bemühungen, das Leben der Kinder und deren Familien, solange sie es gemeinsam erleben dürfen, weiterhin lebenswert zu machen.
Ein Leben ist es wert, so gut es geht, genossen zu werden
Tagtäglich nehmen sie Schicksale mit nach Hause. Geschichten von Kindern, die am Anfang ihres Lebens stehen und trotzdem schon wissen, dass es in nicht allzu ferner Zukunft zu Ende geht. Schicksale von Eltern, die wissen, dass sie eines Tages Abschied von ihrem geliebten Kind nehmen müssen und als verwaiste Eltern zurückbleiben.
Ein Kinderhospiz ist deswegen so viel mehr als nur „die letzte Betreuung“. Es bedeutet Wertschätzung für das Leben und die Zeit, die einem noch bleibt. Es ist dafür da, den Familien ein Licht aufzuzeigen an einem Ort, an dem sie nur noch Dunkelheit sehen. Denn es ist wichtig, trotz des Schmerzes und trotz der Verzweiflung das absolut Beste daraus zu machen. Ein Leben ist es wert, so gut es geht, genossen zu werden. Sei es für die letzten Minuten, Stunden, Monate oder Jahre.