Die eosinophile Ösophagitis (kurz EoE) ist eine immunvermittelte chronische Erkrankung der Speiseröhre. Die Anzahl Betroffener, vor allem in Industrieländern, steigt nachweislich, trotzdem ist die Erkrankung den wenigsten bekannt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Symptome dieser belastenden Erkrankung in Schach zu halten, sofern sie diagnostiziert wird. Wir sprachen mit PD Dr. med. Ulrike von Arnim, die sich unter anderem auf die Behandlung der EoE spezialisiert hat.

PD Dr. med. Ulrike von Arnim
Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie, leitende Oberärztin der Universitätsklinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Magdeburg
Foto: Universitätsklinikum Magdeburg
Die EoE ist zwar bisher nicht heilbar, aber sehr gut behandelbar.
Frau Dr. von Arnim, was passiert bei der EoE im Körper Betroffener und was kann die Diagnose erschweren bzw. verzögern?
Die EoE ist eine chronische Erkrankung der Speiseröhre, die mit Schluckbeschwerden insbesondere für feste Speisen einhergeht. Zudem klagen Betroffene häufig über Schmerzen insbesondere hinter dem Brustbein. Im schlimmsten Fall kann ein Nahrungsbrocken im Hals stecken bleiben (sog. Bolusobstruktion): Das ist dann ein medizinischer Notfall.
Der EoE liegt eine sogenannte Typ-2-Inflammation zugrunde, also eine allergieähnliche Entzündung der Speiseröhrenschleimhaut, bei der die Anzahl der eosinophilen Granulozyten (Entzündungszellen) stark erhöht ist. Diese dauerhafte Entzündung verursacht die Beschwerden und kann im Laufe der Zeit zu einer Vernarbung der Speiseröhrenschleimhaut führen.
Studien haben mittlerweile bestätigt, dass es sich um eine Allergen-vermittelte Erkrankung handelt, bei der auch eine entsprechende genetische Veranlagung sowie Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Das bedeutet aber nicht, dass die Erkrankung monogenetisch vererbt wird. Durch Gewebeentnahmen aus der Speiseröhre kann die Erkrankung nach Ausschluss anderer Ursachen diagnostiziert werden. Leider passieren aber immer noch Verwechslungen, z. B. mit der Refluxkrankheit, da die Symptome nicht richtig gedeutet und in Zusammenhang gebracht werden. Daher warten Patienten oft jahrelang auf die richtige Diagnose, obwohl die Erkrankung an sich nicht mehr selten ist. Durch das lange diagnostische Fenster haben die Patienten unbewusst Vermeidungsstrategien in ihrem Essverhalten entwickelt (exzessives Kauen, Nachtrinken nach jedem Bissen, Pürieren von bestimmten Speisen, Meiden von bestimmten insbesondere faserigen oder harten Speisen, ungern spontanes auswärts essen).
Gibt es den „typischen EoE-Patienten“?
Ja. Es handelt sich um eine männerdominierte Erkrankung, sie sind dreimal häufiger betroffen als Frauen. Typischerweise tritt die EoE im Alter von 30 bis 50 Jahren auf. Zudem haben etwa 75% der Patienten sogenannte allergische Komorbiditäten, also weitere allergische Erkrankungen wie z. B. Pollen- oder Nahrungsmittelallergien, allergisches Asthma oder eine atopische Dermatitis. Diese stehen häufig mit der EoE in Verbindung.
Welche Therapieoptionen gibt es für Betroffene und wie bewerten Sie diese?
Die EoE ist zwar bisher nicht heilbar, aber sehr gut behandelbar. Die Therapieoptionen bestehen aus den „3D“: Drugs (Medikamente), Diet (Eliminationsdiät) und Dilatation (endoskopische Erweiterung der Speiseröhre). Zu den medikamentösen Optionen zählen topische Kortikosteroide, die oral eingenommen werden. Der Wirkstoff legt sich wie ein Film über die Speiseröhre und bekämpft dort die Entzündungsreaktion. Diese Therapie hat in der Behandlungsleitlinie eine Sollte-Empfehlung erhalten. Weiterhin können Säureblocker zum Einsatz kommen, die aber nicht so effektiv wirken wie die Kortikosteroide und daher nur eine Kann-Empfehlung haben.
Zudem gibt es seit 2023 einen monoklonalen Antikörper, der zum Einsatz kommt, wenn eine der beiden vorab genannten Therapieoptionen nicht wirksam war oder Unverträglichkeiten aufgetreten sind.
Bei den Eliminationsdiäten verfolgen wir den Ansatz, über gezieltes Weglassen und Wiedereinführen bestimmter Nahrungsmittel die Allergene herauszufiltern, welche die Entzündungsreaktion auslösen. Bei der 6-Food Eliminationsdiät werden Weizen, Milch, Eier, Fisch und Krustentiere, Nüsse und Soja vermieden und nach einer gewissen Zeit jeweils wieder in die Diät aufgenommen. Das ist natürlich ein langes Prozedere, das bei jedem Schritt mit einer Speiseröhrenspiegelung verbunden ist und auch eine hohe Verbindlichkeit seitens der Betroffenen verlangt.
Die endoskopische Dilatation kommt zum Einsatz, wenn es Verengungen in der Speiseröhre durch Vernarbungen gibt. Die Verengung wird dann endoskopisch aufgeweitet. Damit behandelt man nicht die Erkrankung an sich, sondern eine ihrer Komplikationen, die entsteht, wenn die EoE zu lange unentdeckt geblieben ist und nicht behandelt wurde. Durch eine frühe Diagnosestellung wollen wir das aber möglichst vermeiden.
Die Symptome können die Lebensqualität Betroffener stark einschränken. Können Patienten unter Therapie ein beschwerdefreies Leben führen?
Ja, das ist so. Viele Betroffene berichten nach erfolgreicher Therapieeinleitung, dass sie schon gar nicht mehr wussten, wie sich normales Schlucken anfühlt. Das gibt den Patienten ein neues Lebensgefühl. Denn meist haben Betroffene ja die bereits erwähnten umfangreichen Vermeidungsstrategien entwickelt, die das Leben stark einschränken können. All das motiviert durch die Angst, dass ein Bissen im Hals stecken bleiben könnte. Die erfolgreiche Behandlung ist also fast gleichzusetzen mit einer Wiederherstellung der Lebensqualität. Ganz wichtig ist aber zu betonen, dass die Patienten regelmäßig kontrolliert und ihre Entzündungsaktivität in der Speiseröhre überprüft werden müssen, denn die EoE als chronische Erkrankung wird sie ihr Leben lang begleiten. Ein Abbruch der Therapie führt in einem sehr hohen Prozentsatz zum Wiederauftreten der Beschwerden.
Wie schätzen Sie die derzeitige Versorgungssituation EoE-Betroffener in Deutschland ein?
Mittlerweile gibt es eine gewisse Awareness, was die EoE angeht, sodass Diagnosen mittlerweile etwas schneller gestellt werden. Der Punkt, an dem noch der größte Nachholbedarf besteht, ist die langfristige und regelmäßige Überprüfung Betroffener und das Bewusstsein dafür, dass eine Behandlung dauerhaft durchgeführt werden soll, um die Beschwerden in Schach zu halten. Unser Fokus muss es deshalb sein, die lückenlose Versorgung Betroffener sicherzustellen.