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Der Traum von Heilung – Gentherapie der Hämophilie

Foto: KANOWA via Shutterstock.com

Dr. Anna Griesheimer

Deutsche Hämophiliegesellschaft

„Verkrüppeln, verarmen, verbluten“ hieß früher das Los der Bluter. Heute haben die Betroffenen dank moderner Therapiemöglichkeiten eine der Normalbevölkerung vergleichbare Lebenserwartung. Nun weckt die Gentherapie gar Hoffnung auf Heilung.

Die Hämophilie, auch Bluterkrankheit genannt, ist eine Erbkrankheit. Durch eine Veränderung auf dem X-Chromosom wird zu wenig Gerinnungsfaktor gebildet, sodass es unbehandelt zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen kann. Wiederholte Gelenkeinblutungen rufen schwere Schäden am Bewegungsapparat hervor.

Was ist Hämophilie?

#1 Hämophilie betrifft vor allem Jungen bzw. Männer.

#2 Die schwere Hämophilie A kommt mit einer Häufigkeit von 1:5.000 der männlichen Neugeborenen vor und ist etwa fünf- bis sechsmal häufiger als die Hämophilie B.

#3 In Deutschland leben etwa 6.000 Hämophiliepatienten.

#4 Für hämophile Kinder steht eine Gentherapie bislang nicht zur Verfügung.

#5 Die Deutsche Hämophiliegesellschaft e. V. informiert als bundesweite Interessengemeinschaft Betroffene und Angehörige.

Mehr Informationen finden Sie unter:
www.dhg.de

Zum Schutz vor Blutungen ist das regelmäßige, von den Patienten in Selbstbehandlung vorgenommene Spritzen von Gerinnungspräparaten Therapiestandard. Neben der venösen Gabe von Gerinnungsfaktoren ist bei Hämophilie A mittlerweile auch die subkutane Gabe eines bispezifischen Antikörpers möglich. Weitere Behandlungsansätze sind in Entwicklung.

Anders als bei manch anderen Erbkrankheiten stehen bei der Hämophilie also wirksame Behandlungsverfahren zur Verfügung, die zwar ein lebenslängliches Spritzen erfordern, den Betroffenen aber einen normalen Alltag mit nur wenigen Einschränkungen ermöglichen. Doch eines vermag allein die Gentherapie: Sie verspricht Heilung. „Während der langen Krankenhausaufenthalte in meiner Kindheit habe ich immer davon geträumt, eines Tages von der Hämophilie geheilt zu werden“, erinnert sich ein älterer Patient. Nun ist aus der kindlichen Träumerei eine realistische Hoffnung geworden.

Im Sommer ist das erste Gentherapiepräparat für erwachsene Hämophilie-A-Patienten in der EU zugelassen worden. Weitere werden voraussichtlich in Kürze folgen (für Hämophilie A wie B).

Das grundsätzliche Prinzip ist, vereinfacht dargestellt, leicht nachvollziehbar: Durch eine einmalige Infusion wird mittels eines Vektors ein Gen in die Leber des Patienten eingebracht. Das eingebrachte Gen sorgt dafür, dass in den Leberzellen der fehlende Gerinnungsfaktor produziert wird. Ist die Gentherapie erfolgreich, benötigt der Patient keine Faktorsubstitution mehr und ist effektiv vor Blutungen geschützt.

Ist die Gentherapie erfolgreich, benötigt der Patient keine Faktorensubstitution mehr und ist effektiv vor Blutungen geschützt.

Schluss mit dem lästigen Spritzen, Schluss mit der Angst vor Blutungen – das klingt vielversprechend. Doch bei der Entscheidung für eine Gentherapie müssen potenzielle Vorteile gegen potenzielle Risiken und Nebenwirkungen sorgfältig abgewogen werden. Nach erfolgter Gentherapie sind persönliche Einschränkungen und engmaschige Kontrollen notwendig. Ärzte weisen darauf hin, dass es häufig zu einer Erhöhung der Leberwerte kommt und vorübergehend die Gabe von Medikamenten wie Cortison erforderlich werden kann. Zu Langzeitnebenwirkungen und dem eventuell erhöhten Risiko von Tumorerkrankungen liegen noch keine belastbaren Daten vor. Wie lange die Gentherapie wirkt, ist aufgrund fehlender Langzeitstudien ebenfalls unklar. Der Aussicht auf ein blutungsfreies Leben stehen somit verschiedene Risiken und Ungewissheiten gegenüber – zumindest nach heutigem Stand. Die Zukunft muss noch erweisen, ob der Traum von einer dauerhaften, risikoarmen Heilung tatsächlich wahr wird.

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